19.Nov.–Khamryn Kiid

Wikipedia fällt dazu nix ein, der Lonely Planet weiss schon mehr,
(wenn man einen findet, denn die Mongolei-Ausgabe ist weltweit ausverkauft….),
Andy aus Jinan wusste da sehr viel konkretes.
Schliesslich war er mit dem Fahrrad extra diesen Schlenker gefahren.
Und was er an diesem einen Weinabend in China erzählte,
das war Grund genug.
Schliesslich War ich nach der GrenzOrgie reif für den Erholungstag.
Allein die Fahrt 30 Kilometer nur über Naturpisten nach Kompasskurs ist ein tolles Präludium.

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Das Kloster Khamryn Kiid liegt in der Wüste Gobi, Südmongolei. Rundum Steppe.
Zentrum der Anlage ist das “Shambala”, der Zeremonienplatz auf dem Hochplateau.
21 weisse Stupas flankieren den Fusssweg hinauf. Auf halber Strecke der “Belltower”, mein erster Übernachtungsplatz. Ich erreiche ihn mit dem letzten Tageslicht.

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Oben angekommen fällt mir eines sofort ganz krass auf:
Keine einzige HolzSouvenirBude, keine rotem Lampions, keine Lasershow…
Hurra, das passt wieder…

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und wie würde Michael jetzt sprechen:
“…und es sind Bilder von atemberaubender Schönheit entstanden…”

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23.Nov.–aus Ulaanbaatar

Es hat mich erwischt…
Ich bin in Weihnachten angekommen.Die erste Deko überhaupt in diesem Jahr für mich, in Ulaanbataar. Allerdings,
es ist hier das einzige Zeichen weit und breit, und für eine Million Einwohner einen Tannenbaum aufzustellen find ich ok.

Ich fange mal ne Sammlung hiermit an. 10.000 Kilometer Weihnachtsdeko finden,
denn wenn ich erstmal zu Hause bin, dann ist der Spuk fast vorbei.

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Ich hab sie erwischt…
Die “Gut und Günstigen”…
Da fühlt man sich beim Kauf gleich sicher.
Da weiss Günther was er hat.Sogar Nutella gabs im Angebot, aber es war keines: 3,25€ das Glas, aber wer kann da widerstehen ?

Etwas chinesische Instant-Nudeln, zum langsamen Abgewöhnen,
etwas sehr-lecker-Brot,…

Die nächsten 3.000 Km bis Nowosibirsk dürfte Nachbunkern echt schwierig werden.

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Ich habs nicht bekommen…
das russische TouristVisum.
Hätt ich drauf bestanden, hätte ich zuerst mal ein mongolisches Reisebüro einschalten müssen, eine ProForma Reise buchen müssen, mit Hotel und allem SchnickSchnack. Kostet Zeit und auch Geld.

Jetzt hab ich ein TransitVisum. In der ExpressVersion 95 US Dollar, in 24 Stunden abholfertig.
10 Tage vom Altai bis zur Litauischen Grenze. Rund 6.000 Kilometer. Da wird das “in die Hände spuken” schon zuviel Zeit kosten.
Aber ich kenn die Strecke, ist machbar, wird nur etwas weisser werden, als am 14.Juli…

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Es hätte mich erwischen können…

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Ich streif so durch die Strassen und bremse abrupt. Ein Loch im Boden. Kein Kanaldeckel drauf. Und das mir… Wer mich ein bisschen kennt, der weiss, dass solche Kleinigkeiten für mich eine reele Gefahr sind.  Ich gehe weiter mit verstärktem Kontrollblick, nach unten.
Und dann erinner ich mich an diesen Film der reiseverrückten Engländer: “Long Way Round”. Die beiden haben die Menschen besucht, die da unten wohnen. Meist Kinder. Obachlos. Ohne Familie. Vor allem im Winter suchen sie Schutz da unten.
Letzte Nacht hatten wir minus 21°, in der kältesten Hauptstadt der Welt.

23.Nov.–Wasserhilfe in UB

In Ulaanbaatar ist ja wirklich alles zu bekommen.
Für jeden etwas im Angebot, da ist die Tour zu den Nomaden nur der lockere Einstieg.
Pferdetrecking ist eh den Nomaden vetraut.
Aber ob es denn ein Panzer sein muss,
oder in der Gegend rumballern….
Im ersten flüchtigen Blick auf den Inserenten hatte ich “Bloddy-Tours” gelesen….
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Ich selbst sehe mich hier ner ganz anderen Herausforderung nicht gewachsen:
Wer hat den bitteschön Lust mir und und dem Gelben bei -20°C Lufttemperatur mit rund 200 Litern Wasser auszuhelfen.
Am liebsten mittels eines Gartenschlauches gezapft.
Darf auch kalt sein…
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Da fiel mir nur einer ein: Mr.Tsegtsbaatar, der wundervoll deutsch sprechende Verkaufsleiter der RoverFiliale in UlaanBaatar.
Er hat mich gleich wieder erkannt und freute sich aufrichtig über meinen Besuch auf der Heimstrecke.

Wasser ?
Auch kein Problem.
Und nachdem mein eigener Wasserschlauch beim Ausrollen schon zur Eisleine erstarrt war,
nahmen wir seinen aus dem Heizungskeller der Werkstatt. Dankeschön !!!

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24.Nov.–AbenteuerReisen

101124_1-schnee-nach-abzweig In meiner guten MongoleiKarte führen zwei Wege zum Kloster Erdenet. Beide sind als rote Strassen eingezeichnet. Da ich am liebsten nix doppelt fahre ist der Plan klar: die nördliche hin, die südliche für den weiteren Weg nach Westen.

Mit Garmin und Karte fühle ich mich sicher. Genau hier muss es zum Kloster gehen. Und ich bin ja in der Mongolei, da kann ich auf einen Highway nicht hoffen.
Also runter vom Schotter, auf in die Pampa, und die ist weiss,
sogar sehr weiss.

101124_2-erste-fahrspur-im-schnee-m-sonne Meine Karte wird unzuverlässiger.

Garmin zeigt den geraden Kurs,
aber es stellen sich Bergketten davor.
Ich versuche ein Tal,
fahre zum Ende und will den Sattel passieren.

Fahrspuren gibts keine mehr.
Fahrspuren gibt es schon länger keine mehr.
Ich bin der erste hier seit dem Schnee,
und auch der einzige.

101124_3-stupa-im-schnee Eine kleine Stupa mit Gebetsmühlen macht mir Mut.
Meine Richtung stimmt.
101124_4-festgefahren Dann gehts ganz plötzlich und ganz schnell:
ich laufe Gefahr zu schräg zum Hang zu geraten,
drehe den Gelben zum Tal hin,
gerate in eine Senke
und stehe still.

Voraus ist es eindeutig zu steil,
da geht nix mehr.
Und Rückwärts?
auch ganz schön steil,
gerade jetzt fehlt mir jeder Schwung.

Nur mit allen Sperren, Allrad, Untersetzung und einigen Anläufen bin ich wieder rückwärts frei.
Das wäre beinahe schief gegangen. Mitten, wirklich mitten in der Pampa.

25.Nov.–Kalt, sehr kalt !

1_101111-erlianhot-am-gercamp Schon seit der chinesischen Grenzstadt Erlianhot bewegt sich das Thermometer konstant im Minus. Mein in Beijing getankter Diesel macht prompt auch schlapp, die Maschine will nicht.
Meine Dieselheizung hat zu wenig Strom zum starten. Sie meldet “Error”.
Wunderbar,
gerade jetzt,
denn ich parke heute mitten in der chinesischen Steppe an einem verlassenen GerCamp.
Weil es so schön ruhig hier ist.
Sehr ruhig.
2_101111-erlianhot-gelb-am-gercamp In dieser Nacht habe ich meine Gas-Luft-Heizung genutzt, so ging das Schlafen.
Ein Trick hilft mir in der Not am Morgen dann weiter: Ich reduziere den Stromverbrauch und warte.
Die Sonne steigt halbhoch, für 10A Ladestrom.
Nach 4 h sind 35 Ah mehr in den Batterien, genug um die Dieselheizung zu starten.
Dann schalte ich die Umwälzpumpe für den Motorkreislauf ein, und heize mit der Dieselheizung den Motor vor. Nach weiteren 1,5h wage ich den Versuch, dreh den Zündschlüssel: Motor läuft.
Jetzt aber schnell 6 Liter Normalbenzin druntermischen, um den Motor morgens starten zu können. Wenn ich schon keinen Winterdiesel bekomme, denn der ist wegen des Wintereinbruchs in ganz Erlianhot ausverkauft.
3_101121-temp-anzeige-29 In UlanBaatar dann ein neuer Temperatursturz. Wie schonmal hier geschrieben: die kälteste Hauptstadt der Welt.
Morgens um neun am 22.Nov sind es -21°C. Wenn ich da mehr als eine Sekunde warte nachdem die VorgühLamp erlischt, hab ich mit dem Anlassen des Motors keine Chance. Da hilft nur noch mal versuchen, mit besserer Reaktionszeit.
Das Foto ist schon von unterwegs,
bei rollender Maschine hab ich dann alle Nerven der Welt für ein Foto,
aber vorher ….
4_101123-schneewehungen Die Dieselheizung leistet gute Arbeit, wenn denn die Batterien genug Leistung bringen, denn die kühlen auch kräftig ab.
Aussen -21°, innen +25°, macht 46° Temperaturunterschied im Koffer zu draussen.
Allerhand, und kein Wunder, dass sich die Koffertüre extrem verzieht. Ich kann sie nicht mehr öffnen und muss durchs Fahrerhaus aus- und einsteigen.
Bei meiner Rausfahrt aus Ulaanbaatar sind die neuen Abenteuer erstmal Schneestürme.
5_101124-windschatten-hinter-hutte Auf dem Weg zum Kloster Erdenet wirds noch kühler.
Städte gibts keine, und die Dörfer machen keinen wirklich einladenden Eindruck.
Da helfen windgeschützte Plätzchen in der weissen Natur,
und zur Not tuts auch ein verlassenes Wohnhaus im Nichts.
Ich weiss auch warum verlassen:
Hier sind es am Morgen -26°C.
Mein Rekord.

27.Nov.–Schneemobil

101126-vor-dem-sattel-m-gelbt Auf meinem Spezialweg zum Kloster. Noch 120 Km, aber ich find jetzt die Piste nicht mehr.
In meiner Karte eine rot markierte “Mainroad”, in meinem Blick nichts als weisse Wüste.
Drei Versuche, dann breche ich ab. Kein Weg, keine Fahrspur, kein Durchkommen über die Bergkette.
Ich bleibe diese Nacht in Hashaat, 40 Km vor meinem Ziel.
Bei einem heftigen Schlag ist mein Auspuffrohr aus dem Topf gerissen. Ich brauche eh Hilfe.
101126-vor-dem-sattel-m-gelb Ich übernachte gleich vor der Werkstatt, die eigentlich ein Krämerladen ist.
Am nächsten Morgen frage ich nochmal ausdrücklich nach der Richtung. Diesmal winkt er etwas weiter nach Westen, und an der Dreifach-Gabelung solle ich mich ganz links halten. Und später, an der zweiten Dreifach-Gabelung dann mittig. Okay, dann Mann los.
Hier draussen sind wenigstens Fahrspuren, manchmal.
Nur frische zählen. es gibt wenig Niederschläge und ist immer tiefstkalt. Da können Fahrspuren noch nach ner Woche so aussehen wie von gestern.
101126-landcrusiser-in-meiner-spur Trotzdem, ich verliere sie alle, stehe allein im Weiss, und erblicke ein GerCamp. Fahre schnurstracks drauf zu.
Die drei Burschen schlachten gerade. Das nenn ich ja mal Tiefkühlfrisch, wir haben -23°C. Da kann jede Tiefkühltruhe ruhig aufstehen bleiben, Stecker raus nicht vergessen.

Ich hab nur eine Idee und bestehe darauf: Einer der drei steigt jetzt in den Gelben ein, und fährt solange mit den Berg rauf bis ich sicher bin. Dann kann ja ein anderer meinen Pfadfinder mit dem Pferd abholen, was anderes haben die drei nicht.
So finde ich wirklich eine Spur. Der dann sogar entgegenkommende Landcrusier findet dann meine. So wird er bei den Dreien landen !

101126-pkw-festgefahren Auch die Mongolen tun sich offenbar schwer.
Das hilft mir, zumindest moralisch.
Dieser meint er käme in einer LKW Schneespur weiter. Kommt er natürlich nur ein bisschen weiter.
Und ich komme jetzt garnicht weiter, denn er steht in meiner Spur,
also fahr ich 1 Kilometer zurück, in meiner eigenen Spur,
das ist einfach.Denn hier lohnt sich für mich das Warten nicht.
101126-lkw-umgefallen Das hier ist schon etwas schiefer gegangen.
Der Fahrer wollte auch vom Fahr-Weg aufs Feld, duie Strasse ist mehr als zugeweht.
Aber da ist ein Entwässerungsgraben neben der “MainRoad”. Und genau der ist unsichtbar, weil voll Schnee geweht. Und dann bei der üblich hoch getürmten Ladung.
Da ist er umgefallen.
Die Mongolen nehmen so etwas sehr gelassen, packen die Plürren wieder aufn Haufen und warten. Das wird schon weitergehen, irgendwie….

04.Dez.–bei den Murats

101127-auspuff-demontiert-steppe Ja ja die Mongolen, die sind mir schon wer …
Ich will mal die Geschichte von Murat erzählen. Besser gesagt von Murat+Family.

Das fängt ganz harmlos und auch alt bekannt an: mein Auspuff ist mal wieder hin. Mitten in der mongolischen Steppe, zwischen Arvanher und Bayanhongor. Das Endrohr rutscht wieder mal aus dem Topf. Die für genau diesen Halt vorgesehen Schelle scheint irgendwie vom Montag abzustammen.

101127-auspuff-demontiert Kein grosser Akt. Hier so im stürmischen Steppenwind reparier ich da garnix, schraube lieber die Halterung auch noch ab, und staue das Endrohr einfach weg. Der Gelbe wird so auch nicht lauter.
Nun komm ich zeitig in West-West Mongolei, in Ölgliy an.
Da steh ich abends so auf einem belebten aber angenehmen Parkplatz zur Nachtruhe, da klopft es an meine Box.
Rollos sind unten, also kann keiner sehen, dass ich drinnen bin. Mache die Türe zum Durchgang auf, und sehe einen Lada vor mir parken. Murat mit seiner Frau.
Sie lauern mir geradezu auf.
101128-vor-restaurant Als Murat mich sieht, springt er aus dem Lada und empfiehlt mir alle seine Dienste, vom Hotelbett (hab ich schon), übers Abendessen (hatte ich schon), bis zum Museumsbesuch (will ich den ?).
Okay, nen Auspuffreparierer könnte ich brauchen.
Ohhh, da bin ich bei ihm goldrichtig. Er ist Spezialist. Ich soll doch gleich den Diesel anwerfen und hinter ihm herfahren.
Das können wir morgen in Angriff nehmen, heute hab ich meinen Schlafplatz gefunden, und der Diesel schläft auch schon.
Murat lässt nicht locker. Es kostet mich locker ne halbe Stunde, dann zieht er mit Frau und Lada von dannen. Bis morgen um 9h dann.
101203-opa-murat Ich hab es schon definitiv gewusst. Um 8.30h poltert es gegen die Türe. Murat. ich geb ihm noch ne halbe Stunde frei.Erstmal Tee trinken. Opa Murat, Oma Murat, Bruder und Schwester Murat, Nichte Murat. Das find ich ja wirklich nett, mal etwas in so ne Familie reinschnuppern. Vor allem Opa ist locker drauf und erzählt nen Schwank. Ich schmunzle und lache an verschiedenen Stellen, und alle sind zufrieden. Dann der Auspuff. Ob ich denn Werkzeug dabei hätte? Wie Werkzeug? Hat er denn keines? Naja, ein bisschen schon…, wollen wir mal sehen.
Im Grunde hätt’ ich es selber machen können, aber Murat gibt sich alle Mühe und steuert auch ne Schraube samt Mutter aus der Blechsammelschublade bei.

Zum Abendessen soll ich natürlich auch kommen, oder am besten gleich da bleiben.
Was macht denn jetzt die Rechnung, frage ich ? Naja, also für das Auspuff reparieren, für den Tee, fürs Abendessen, und für meinen Schlafplatz vorm Haus 35.000 Tokrig (ca. 20€). Ich handel auf 30.000 Tockrig runter, und alle sind zufrieden. Ich schlafe wirklich ruhig und gut.

101203-vor-murats-haus1 Am nächsten morgen zum Tee.
Ich hab festgestellt, dass meine Reserve H4 Birne auch nicht mehr funzt. Ob er eine neue im Dorf auftreiben kann, aber 24V muss sie haben, LKW-Technik.
Kein Problem, meint er. Kostet? Na 12V kostet 6.000 Tokrig, 24 V 12.000. Und für seine Bemühung nochmal 5.000.
Ich bräuchte auch drei Brote und 5x 1,5l Trinkwasser. Auch kein Problem, Brote kosten 3.000 und das Wasser 5.000.Ich solle meinen Diesel stehen lassen. Wir fahren mit dem Lada. Sohnemann und Frau fahren auch gleich mit. Die beiden steigen irgendwo im Bazar aus, wir fahren eine Strasse weiter. Er spricht einige Leute auf der Strasse an, bei einem AutoteileContainer fragt er nach, aber er hat keine. Wir fahren wieder ne Strasse weiter, Frau und Sohn steigen ein, Sohn hat die passende Lampe in der Hand. Ergo: ich war wichtigster Teilnehmer eines Ablenkungsmanövers. Ich durfte auf keinen Fall beim Kauf der Birne dabei sein, so sehr überteuert hab ich sie bekommen. Brot und Wasser kamen auch wie von Geisterhand ins gelbe Haus.
101204-junior-murat Zudem versucht Murat immer wieder genau das abzustauben, was er so in meinem Haus herumliegen sieht: mein Handy mit Touchscreen (seins hat nur Tasten), ein “Schoolbag” für den Sohn (mein Loewe Treckingrucksack mit 85 Liter), meine Fleecejacke und meine Jeans, die ich gerade anhabe und so weiter…
Bekommen hat er von alle dem nichts. Dabei hätte ich schon einige nützliche und wertvolle Geschenke parat gehabt, “Not used”, sondern nagelneu.
Achso, fünf abgezählte Kulis wollte er noch haben, für alle männlichen Familienmitglieder, einschliesslich Opa. Die hat er bekommen, und für Mama Murat auch einen.
Meine Meinung: Das ist nicht mein einziger solcher Fall in der Mongolei. Solche Mongolen haben ihr Nomadentum aufgegeben, und das Überleben stellt sich als schwieriger heraus, als das es die Froh-Botschaften aus der Werbung glauben gemacht haben. Sind deshalb die mongolischen Nicht-Nomaden andere Mongolen? Ich denke schon !

10.Dez.–Gedreht und nicht geschüttelt

1_101204-uaz-m-schraglage Den mongolischen Altai im Winter zu fahren ist hart.
Viele Pisten sind komplett unter dem Schnee verschwunden. Keine Fahrspuren zu sehen.
Und wenn dann mal Fahrspuren die Orientierung erleichtern, dann sind sie nicht zu benutzen, weil metertief voll Schnee geweht.

Ich steige oftmals aus, um zu Fuss herauszufinden, welcher Weg der beste ist. Ich muss unbedingt solche gefährlichen Schräglagen wieder bei diesem UAZ vermeiden. Oder schiebe ich nur übertriebene Panik ?

2_101204-minus-29 Das Thermometer fällt weiter. Dank der Standheizung kann ich morgens den Motor vorwärmen. Eine Stunde braucht der Berg aus VollMetall, um aus dem Tiefkühlbereich auf Null Grad “warm” zu werden.

Die Koffertüre klebe ich ab, zuviel eisiger Wind drückt auf die Türdichtung.

Meine Wasseranlage funktioniert einwandfrei. Wie gut, dass alle Tanks zusätzlich eine Heizschleife der Heizung abbekommen haben.

3_101210-dreher-eisplatte 10 Tage Zeit für 5.000 Kilometer, quer durch Sibirien. Das TransitVisum der Russen gibt nicht mehr her.
Ich stell mir den Wecker, denn ich will und muss mit dem ersten Tageslicht schon unterwegs sein.

Immer wieder Vereisungen auf der Strasse. Komprimierter Schnee wird bei -20° zur Eisplatte. Ein kleines Problem, wenn eine Radseite noch Asphalt findet. Ein grosses Problem wenn aber das Eis über die ganze Breite geht. Dann heisst es Ruhe bewahren.
Zwischen Tjumen, Celjabinsk und Ufa kommst ganz dick, das sind immerhin 1.500 Strassenkilometer = 3,5 Fahrtage.

4_101210-dreher-t Zweimal rutscht mir das Heck beim Überholen zur Seite weg, aber ich kanns wieder einfangen.
Kurz hinter Celjabinsk, in einer leichten Kurve bricht dann das ganze Fahrzeug aus. Tempo 45, ich war schon auf der Hut.
Ich dreh mich um die eigene Achse und rutsche die Böschung hinunter. Wie versteinert warte ich auf das was passiert. Jetzt bloss kein Umkippen…
Im tiefen Schnee komme ich in leichter Schräglage zum Stehen. Mein Glück: die Böschung ist hier nur einen Meter hoch.
Mit einigen Anläufen und allen Sperren komme ich so gerade wieder auf die Strasse zurück
5_101213-weggerutscht-sattels2 Andere haben da weniger Glück und hängen unglücklich neben der Strasse.
Ich sehe in den nächsten drei Tagen mindestens 20 frische Abdreher.
Die Spuren im Schnee zeugen von vielen Dutzenden von Ausrutschern seit dem letzten Schneefall.
Das ist nicht so einfach,
im Winter durch Sibirien.

15.Dez.–Mein Russland

100727-haus-fenster-am-baikal Auf dieser Tour war ich rund einen Monat in Russland unterwegs.
Bis zum Baikalsee, rauf in den Norden bis nach Tomsk. Und durch den russischen Altai.
Ich bin stundenlang durch Ölfelder gefahren (nördlich Ufa).
Einmal rund, und einmal mitten durch Moskau.
Letztes Jahr hab ich die autonome und buddhistisch geprägte Provinz Kalmücken besucht
und war auf der Krim.

Da verfestigen sich ein paar Gedankengänge.

100729-shopping-center-im-bau Russland hat zusammen mit den USA ein grosses Stück Weltgeschichte geschrieben. Supermacht hat man Russland genannt.
Und heute?
Die autonomen Provinzen haben ihre Selbstständigkeit besser nutzen können als die Nichtautonomen.

Grosse Bauprojekte sucht man flächendeckend im Land vergeblich. Und der Bestand verfällt in hohem Tempo. Die Grundversorgung mit Schulen und Krankenhäusern ist gut, hat sich aber in den letzten 20 Jahren auch nicht verbessern können.

100729-am-gaenseseee Das Strassennetz, Rückgrat jeder Landesentwicklung,
(weiss jeder seit ‘Sim City’)
befindet sich in einem trostlosen Zustand. Eine Instandhaltung findet nicht statt.
Noch zwei, drei Jahre, dann schlägt sich das wesentlich erhöhte Transportrisiko auf die Preise und auch auf die Versorgung der entlegenen Landesteile durch.
101212-olpumpe Russland ist sehr reich an Bodenschätzen.
Öl und Gas werden einfach hochgepumpt und verkauft.
Die betroffenen Provinzen profitieren augenscheinlich nicht davon. Auch hier keine besonderen Entwicklungsprojekte.

Der ganze Ertrag fliesst offenbar ohne den geringsten Abzug direkt nach Moskau.

101214-moskauer-dampf Das ist dann wohl auch der einzige Grund, weshalb Moskau inzwischen die teuerste Stadt der Welt ist.
Nicht weil es besonders attraktiv ist, sondern weil hier Geld im Überfluss gesammelt und ausgegeben wird. Das macht einfach die Preise kaputt.
Aber auch hier wird nicht in Zukunft investiert.
Wahrzeichen Moskaus sind heute die Kondensfahnen der Kraftwerke inmitten der Stadt.