04.Nov.–China, Mein Eindruck

Nach gut drei Monaten und 13.000 Kiometern mit dem eigenen Fahrzeug in China hier mal ein paar persönliche Notizen für alle, die vielleicht auch diese Idee haben.

101107-erenhot-fuer-blog

Lebenshaltungskosten:
Taxifahren nie mehr als 3 Euro, für ne halbe Stunde Fahrt, Mindesttarif in der Stadt um 1 Euro und damit kommt man schon sehr weit;
normal Essen gehen, kaum mehr als 4 Euro/Person, incl. Getränke, gerne auf dem Land auch noch erheblich billiger;
Eintrittsgelder in wichtige Dinge schonmal 4 Euro, verbotene Stadt 7 Euro;
Diesel 65-70 ct, Supermarkteinkauf  ab 15 Euro nicht mehr zu schleppen;
Dose Bier 30 €ct, Dose Limo 20 €ct. Die Flasche Bier bei mir auf dem Dorf in Daqi, 600 ml kosten sensationelle 23ct, Pfand gibt’s keines.
Käse ist teuer und selten, meist nur Schmelzkäse, Wurst/Würstchen super lecker und billig;
Starbucks teuer wie überall (3,50€), aber Internet frei, wie immer;
Internetcafes sind in den grossen Städten selten, die Chinesen haben Internet alle schon zu Hause.
Ungesicherte Hotspot zu finden ist einfach, aber Achtung: praktisch alle ‘Blog’ Seiten, auch ggf. die eigene, sind in China gesperrt, genau wie viele andere Seiten auch (youtube..), ‘Google’ geht;
Bestechung, Korruption spielen im kleine-Leute-Alltag praktisch keine Rolle, Ausländern wird zwar schon mal gerne ‘etwas’ mehr abverlangt, aber nach kurzer Diskussion ist das meist zu beiseite zu schaffen;
Trinkgelder sind nicht bekannt, die Beträge werden allenfalls nach unten vom Verkäufer abgerundet, damit fällt ein kompliziertes Thema anderer Ländern schlichtweg aus;

Verkehr:
Die Autobahnmaut wird wie in Frankreich direkt kassiert, die Kosten für Chinesen sind unfassbar hoch, für Europäer teuer: 100Km schon mal gerne 10 Euro, entsprechend leer sind auch die Highways. Aber es sind wohl mit die besten der Welt. Selbst auf den überregionalen Landstrassen wird immer wieder mal kassiert.
Die Beschilderung ist weitestgehend chinesisch und englisch, auch im Hinterland.
Die Orientierung mit rudimentärem gps-Garmin einfach.
Die Verkehrsregeln sind nicht viel anders als bei uns, nur die Praxis… !!!

Beispiel: Rechts abbiegen ist bei Rotlicht immer erlaubt und wird auch sehr zügig durchgeführt. Querende Fussgänger haben zwar im Prinzip Vorrang, aber sie wird ihnen niemals gewährt. ElektroScooter haben keinen Status als Verkehrsmittel und zählen zu den Fussgängern, damit dürfen sie praktisch alles, so wie sie gerade am schnellsten vorankommen.
Wird die Ampel grün, starten auch sofort alle Linksabbieger und versuchen sich vor dem Gegenverkehr durchzuquetschen. Anders als in Europa bestehen die ‘GeradausFahrer’ nicht auf ihrem Recht, und lassen die ‘Quersteher’ durch. Damit kommt wegen verstopfter Kreuzung der Verkehr ruckzuck zum Stillstand. Das Chaos spottet jeder Beschreibung.
Beinahe Unfälle nach europäischen Massstab passieren praktisch jede Sekunde und lassen einem die Haare zu Berge stehen. Eine Gewöhnung fand bei mir auch nach 13.000Km im Land nicht statt. Man geht in China aktuell von 100.000 Toten jährlich nur im Strassenverkehr aus.

Bei einem Verkehrsunfall hat IMMER der schwächere Recht. So kommt es im günstigsten Falle für den Autofahrer zu einer 50/50 Schuld. Will er aber ein Strafverfahren vermeiden (bedeutet langen Zwangsaufenthalt im Land), so übernimmt er freiwillig und sofort die Kosten zu 100%. Eine zusätzlich abgeschlossene Versicherung in China übernimmt dann aber nur die 50%.

Geld tauschen:
geht inzwischen nicht mehr nur bei der “Bank of China”. Allerdings kostet das Prozedere Zeit. Einfacher ist es mit Kreditkarte am Automaten, Höchstbestrag meist 2.500 RMB, Automaten gibt es mehr als Verkehrszeichen, und selbst auf dem Land gibt es immer grössere Städte. 🙂
Der grösste in China vorhandene Geldschein ist 11 Euro wert, der kleinste 1ct (als Geldschein!!);
mein WechselKurs aktuell 8,9 RMB für einen Euro;

Mit, ohne Guide ?
Nach einigen auch gründlichen Verkehrskontrollen meiner Personen- und FahrzeugPapiere durch die Polizei stellt sich das so dar:
Ausserhab Tibets ist keine chinesische Begleitung vorgeschrieben.
Die Ein- und Ausreise ist aktuell in eigener Regie allerdings nicht zu schaffen. Das Fahrzeug muss jeweils Tage vorher bei der betreffenden Grenzstation angemeldet sein. Dazu müssen Papiere quer durchs Land verschickt werden. Nicht als FAX, Email, sondern im Original mit vielen roten Stempeln. Man braucht einen neuen, temporären, chinesischen Führerschein (3Mon gültig), und ein chinesisches Fahrzeugkennzeichen (3Mon gültig). Für diesen Kram wird man im Moment noch immer eine chinesische Reiseagentur zur Hilfe brauchen. Und die möchte dann auch die Begleitung ins Fahrzeug setzen. Im Falle eines Unfalles wird diese Agentur, wenn sie nicht im Fahrzeug vertreten war, nicht mit zur Verantwortung gezogen. Das ist ein nur vorgeschobenes Argument der Agenturen.
Für mich hat der Guide den entscheidenden Nachteil, dass ich dann gezwungen bin für die Übernachtung ein Hotel anzufahren, wo der Guide übernachten kann. Manchmal hat er im Fahrerhaus genächtigt, manchmal hab ich mich verdünnisiert und bin alleine ins Grüne zum Pennen gefahren, aber viel zu oft bleibt man im Hotelhof hängen. Das ist alles andere, als ich mir so ne Reise vorstelle.
Die Kostenfrage für den Guide kommt natürlich eh noch dazu. Viel billiger wird es ohne Guide wahrscheinlich auch nicht. Denn der normale Monatslohn im Land bewegt sich bei 300 bis 500 €. Da verdient die Agentur am Honorar für den Guide extrem viel. Was die Agentur also bei nicht in Anspruchnahme des Guides nicht über ihn abrechnen kann (100 bis 150 USDollar/täglich),, wird sie versuchen an Gebühren umzusetzen.
Für die Orientierung und Verständigung im Lande brauchte ich jedenfalls keinen Guide. Dann bräuchte ich in Spanien auch einen.

Schlafplätze:
Bei meinen Strecken ohne Guide waren die Schlafplätze leicht zu finden. Ein Park in der Stadt, ein Parkplatz vor einem Tempel, oder am Rande eines Feldweges. Behelligt wurde ich an diesen Plätzen kein einziges mal. Das ist ungestörter als in Österreich! Wenn dieser Platz aber besonders ruhig sein soll, dann wirds schwierig. China ist voll, extrem voll. Auch im Hinterland. Erst östlich des Qinghai Lakes, in Tibet, in der Provinz ‘Inneren Mongolei’ sieht das besser aus. Ganz China hab ich nicht bereist, aber es wird übertragbar sein.
Die Parkplätze von Internationalen Hotels gehen auch nach etwas Diskussion. Zunächst springt ein ‘Security’ vors Fahrzeug, der dann aber von der Hoteldirektion zurückgeholt wird. Er macht ja nur seinen Job.

Innerhalb Tibets…
ist alles anders. Extrem strenge Kontrollen, die immer der Guide über sich ergehen lassen muss. In Tibet wurde ich selbst von Polizei oder Militär kein einziges mal angesprochen und musste im Fahrzeug sitzen blieben. Diese Offiziellen wenden sich ausschliesslich an die chinesisch sprechenden Guides.
In den Permits ist die Reiseroute und die Reisetage genau festgelegt. Hält man sich nicht dran gibts richtig Stress (selbst erlebt, siehe Reiseblog). Aber man stellt die Reisetage und die Dauer ja auch selbst zusammen (und bezahlt die Agentur auch entsprechend). So sind Reisen durch Tibet in erster Linie eine Kostenfrage, denn genehmigt wird praktisch alles. Limit drei Mon, dann werden Führerschein und Fahrzeugschein ungültig. Verlängerung meiner Erfahrung nach unmöglich.

Die Chinesen…
sind extrem neugierig. Die europäische Hemm-Schwelle des Näher kommens kennen sie nicht. Hatte ich versehentlich die Treppe des Gelben unten gelassen und evtl. nicht mal abgeschlossen, dann musste ich auch einige Chinesen direkt aus dem Mobil herausholen. Dabei lachen sie und halten den Daumen oben.
Sie bleiben immer sehr freundlich und erkennen vollkommen neidlos auch so ein grosses Reisemobil an. Ich hab mich an allen Orten extrem sicher gefühlt. Das hatte ich zB in Russland nicht so.

Backpacker vs. Wohnmobil in China?
Die Infrastruktur für Backpacker in China ist zweifelsohne sehr gut. Die für ein autarkes Wohnmobil aber auch. Die Auflagen für den Rucksackreisenden sind gering, die Grenze easy zu schaffen, eine Agentur nicht notwendig (Ausnahme Tibet).
Ich habe es trotzdem sehr genossen, mein Zuhause dabei zu haben. Drei Monate als Backpacker wäre ich in China nicht geblieben.

Komme ich wieder ?
Na klar. Ich muss doch nochmal dringend und ausführlich nach Tibet, und nach Yunnan, das ShangiLa besuchen, und in den Norden der Inneren Mongolei.., und diese tolle Küche (mir grauts schon vor der mongolischen..). Klar komm ich wieder. Und vielleicht haben sich bis dahin ja auch die Reisebedingungen für Selbstfahrer etwas gelockert.
Meiner Meinung nach kann das nicht mehr so arg lange dauern.