01.Juli — Abenteuer ade

120701-ticketschalter-dieter-t Da treff ich Reisefreunde so auf dem Sommertreffen der dzg in Hachenburg, dieses Wochenende.

Wir reden über Anette, die im Sept ihren runden Geburtstag in Udaipur/Indien feiern wird und uns eingeladen hat. In den Palast des Maharadja.

Klar, das ist ein guter Grund wieder mal hin zu fliegen.

Aber was ist mit der Zugfahrt? Ich möchte zunächst von Dehli aus nach Jaisalmeer/Rajastan. Das hat mich immer schon gereizt und das könnte man doch wunderbar miteinander verbinden.

ticket_sm1 Dieter, der alte EisenbahnFreak sitzt am Laptop, hat seinen DatenUSB-Stick unter Strom und meint: Kein Problem!
Innerhalb von weniger als drei Minuten hat er das Erste-Klasse Ticket für 20h Stunden Zugfahrt online in Indien gebucht und meint läppisch: macht 33 Euro,
die Buchungsbestätigung wär schon in meinem Email-Postfach.
120701-ticketschalter-dieter-n Dieter hat auch schon in Indienj bezahlt, mit seiner -Kreditkarte – -online-.
Und ich geb ihm gerade die 33 Euro fürs Ticket.
Ne Steckdose war auch nicht nötig auf der Wiese im Westerwald, denn natürlich läuft Läppi und Stick auf Accu…..

Aber bitteschön…,
wo ist denn da das Abenteuer geblieben ?

12.Sept – Jaisalmer- Wüste Thar – Rajstan -Indien

120910-zugfahrt-jaiselmer Ufff, nicht ganz so einfach in diese Wüste zu kommen.

2h deutsche Bahn fahren
7h Stunden Flug;
20 min. PrePaid Taxi zum Gute-Nacht-Hotel;
2x Taxi zu zwei Bahnhöfen (der erste war ganz klar der falsche);
17h indische Bahn (Gott sei dank die 1.Klasse gebucht)
10 min. ein dreirädriges Tukuk

Ziel erreicht:
Jaisalmer in der Wüste Thar,
Rajastan – Indien,
noch 100Km bis zur pakistanischen Grenze

120910-hotel-jawahs-niwas-palace-aussen Das vorgebuchte Hotel entpuppt sich dann tatsächlich von ausen als das versprochene Märchenschloss, …

und von innen ….
puhh, Schwamm drauf….

Immerhin, die “Stadt” ist fussläufig erreichbar,
und das verschafft auch gleich die ersten Eindrücke,
bei 35°C und Dauersonne…

120910-jaiselmer-markt So muss das im Mittelalter ausgesehen haben.
Nur die Kamel-Karawanen, die haben es diesmal nicht bis in die Stadt geschafft.

Jaisalmer lag damals direkt an den   wichtigen Handelswegen Indiens.

Die Trotzburg hoch auf dem Felsenplateau hat vielen Angriffen stand gehalten.

120910-jaiselmer-festung Meist wurde sie bezwungen, indem sie lange belagert wurde, und den Verteidigern die Lebensmittel ausgingen. Der Rekord steht auf 12 (!) Jahren…

Wenn’s dann garnicht mehr weiterging, dann legten die Frauen ihre besten Kleider an, schmückten sich mit den wertvollsten Geschmeide…,
und gingen selbst auf den lodernden Scheiterhaufen…

Die Jungens dagegen bewaffneten sich bis an die Zähne und stürmten aus der Burg ins Schlachtfeld, dem sicheren Tod entgegen.
Jetzt ging es nur noch darum möglichst vielen Feinden den Tod zu bringen, denn danach, da waren sie sich ganz sicher,
danach würden sie wieder mit ihren Frauen glücklich vereint im Jenseits sein …

12.Sept. – Jaiselmer – Die JainTempel

120912-jaiselmer-jaintempel Die Festung Jaiselmers liegt auf einem grossen Hochplateau. So beherbergte sie damals nicht nur den Palast samt Nebengebäude, sondern gleich die ganze “Stadt”.
Klar, dass da auch ein paar Tempel dazu gehören.

Ins Auge fallen besonders die beiden Jain-Tempel. Die Bauart mit diesem fast rund zulaufenden Turm ist charakteristisch.

Jeder cm ist reichlich künstlerisch verziert, die Bauzeiten waren entsprechend lang.

120912-jaintempel-innen Beim Ausflug in die Wüste Thar gibts nen Stopp am nächsten Jain-Tempel.
Ein gutes Beispiel dafür, dass nicht fast jeder Cent in der indischen Korruption verschwindet.
Mit viel Staatsgeldern ist dieser Tempel in den letzten Jahren sehr aufwändig restauriert worden.
120912-jaintempel-elefant Der Jainismus ist ähnlich alt wie der Buddhismus. Beide haben sich vor rund 2600 Jahren aus dem Brahmanismus hervorgetan.

Die Jainisten glauben, dass die Erlösung nur durch die völlige Reinheit des Geistes erreicht werden kann.
Völlige Gewaltlosigkeit und die Abkehr von allem Eigen-tum sind dabei entscheidend.
Es soll Mönche geben, die sogar jede Kleidung ablehnen.
Zur Ausstattung ist allenfalls ein Besen erlaubt. Damit kehren sie den Weg, bevor sie ihn selbst gehen. Nur so können selbst kleinste Lebewesen vor den eigenen Füssen geschützt werden.

121012-jaintemple-desert-see Weltliche Jainisten sind auch früher gute Geschäftsleute gewesen. Sogar sehr erfolgreiche. Sie trieben Handel und sogar auch den Geldverleih.

Ein Grossteil ihres Verdienstes spendeten sie dann aber den Mönchen, die wiederum einige spektakuläre Prachtbauten schufen.
Davon wird noch mehr zu sehen sein, auf dieser Tour in Rajastan.

Auch in der Wüste kann es regnen. Hat es wohl auch, denn dieser See am Tempel ist schon seit Jahren nicht mehr so voll gelaufen.
Schön fürs Photo,
schlecht für die Züchter der Seerosen, die sonst hier gezogen werden.

13.Sept. – Der See Gadi Sagar

120912-gadi-sagar_1-dsc01271b Manchmal kann ich auch ganz früh.

Hier zum Beispiel. Dieser See wurde schon im 14 Jhrdt. unterhalb des Forts in Jaiselmer als Trinkwasserspeicher angelegt.
In der Wüste ne gute Massnahme.
Eine andere Trinkwasserquelle hatte die Stadt damals nicht.

Die durchreisenden Karawanen und Händler zog der See geradezu magisch an.

Tempel für Tempelchen erbauten sie rund um seine Ufer.

Gerade im Morgenlicht gibt es dieses magische Licht.

120912-gadi-sagar_torbogen Sogar Telia, eine Kurtisane bei Hofe liess sich nicht lumpen und baute dieses prächtige Tor über den Hauptzugangsweg zum See.

Da liess der Zorn der wahren Ehefrauen nicht lange auf sich warten. Sie verlangten den sofortigen Abriss, um nicht durchs “unreine” Tor zum See gehen zu müssen.

Aber Telia wusste zu kontern: sie liess kurzerhand auf das Tor einen kleinen Tempel für den Gott Krishna bauen.

Jetzt konnte das Tor nimmermals abgerissen werden,
und die Ehrbaren suchten sich einen anderen Weg zum See.

120912-gadi-sagar_mit-see Die gibts hier heutzutage aus fast allen Himmelsrichtungen.
Unzählige Ghats säumen das Ufer,
und dieses Jahr gabs sogar wieder volles Wasser in den See.
2012 sind in ganz Rajastan die Regenfälle erheblich kräftiger ausgefallen als in vielen Vorjahren.

14.Sept. – Mann gewöhnt sich daran …, oder doch nicht …

120914-fahrt-zum-abu_gruen Von Jaiselmer aus gehts weiter nach Süden. Statt mit dem Bus gehts mit PKW und Fahrer.
Mehr Komfort, aber auch mehr Einfluss auf die Reiseroute. So gehts nicht Mainstream, sondern auf Nebenwegen am Rand der Wüste über Barmer in die Berge…

Meistens sieht es so aus: sehr grün, schwach besiedelt,
mehr Kühe als Fahrzeuge,

dazwischen viele Ziegen, keine Arbeitselefanten (mehr) …

120914-fahrt-zum-abu_2 Kleine Dörfer und grössere Orte,
sie sehen alle gleich aus:
chaotisch.

Klar haben wir gerade hier das Ende der Regenzeit,
klar ist es nicht einfach den Müll zu sammeln,
klar ist es schwierig ohne jede Kanalisation,

aber wieso gibt es denn keine ?

120914-fahrt-zum-abu_1 Die Frauen sehen noch am besten aus.

Ihre Kleider sind meistens blitzblank sauber, bunt,
und sie Stapfen mit hocherhobenen Kopf durch den stinkenden Unrat.

Die Männer dagegen vermehren ihn nur.

120914-fahrt-zum-abu_3 Keine Sorge,
die Ziege ist nicht tot,
die schläft nur ….

15.Sept. – Mount Abu, Touristen wie wir…

120915-mtabu_1 Mount Abu ist die einzige “Hill Station” der ehemaligen britischen Besetzer in Rajastan.
So eine Hill Station machte es den Briten damals leichter den indischen Sommer zu ertragen, denn hier oben (Mount Abu auf rund 1200 Metern Höhe) waren es meist entscheidende 5 bis 10 Grad kühler.

Dazu noch diese Berglandschaft inmitten der Wüste,
das ist heute noch Grund genug für die Inder als Touristen im eigenen Land hier nach Mt. Abu zu kommen.

120915-mtabu_2 Die örtlichen Dienstleister haben sich längst darauf eingestellt.
Und wir lernen eine neue Variante des “Taxis” kennen.

Der Inder, der sich eine Fahrradrikscha in der Anschaffung nicht leisten kann, der baut sich eben eine Holzkiste mit Rädern drunter.
Dazu einen Griff aus dem Kinderwagenangebot,
und schon ist die Schubkiste fertig.

120915-mtabu_3 Ich als Europäer würde es wohl nicht schaffen sich so durch die Gegend schieben zu lassen. Das fällt mir ja schon bei einer Fahrradrikscha schwer.

Die Touri-Inder haben allerdings kein Problem damit. Grölend und sich lustig machend, lassen sie sich die steilen Hügel raufwuchten und runterbremsen.

Die Taxinunternehmer nehmen es gelassen und kassieren, 0,05€ oder 0,10€, sie leben vom kleinsten Geld.

17.Sept. — Geburtstag

120917-annetterosi-dsc01975 Nicht meiner,
sondern Annette feiert,
zusammen mit Rosi…
und beide haben dazu eingeladen….,
nach Udaipur/Indien.
120917-fruehstueck-dsc01819 Das lassen sich die Globis nicht lange bitten und kommen Scharen.

Letztlich 25 Freunde nutzen diesen Anlass für sehr unterschiedliche Touren durch Indien, von 5 Tagen bis zu 5 Monaten.
Immerhin, ich selbst komme aus diesem Grund ja auch zu meiner Rajastan-Rundreise.

120917-annettes-runde-dsc01976_1

18.Sept. Tour über die Märkte

120918-haendler-dsc02082 Ein TukTuk-Fahrer spricht uns auf der Fahrt zu Annettes Geburtstagsfeier an: ob wir für zwei Stunden ne Tour über die Märkte der Stadt machen wollen. Kostet 3€.

Naja, auf mein Wechselgeld kann er sowieso nicht rausgeben, also hab ich ja schon 50 Rupien Guthaben auf diese Tour – abgemacht, morgen 10h.

120918-haendler-m-frau-dsc02041 Was wäre Asien (und auch Afrika) ohne diese Märkte.
Vor allem dieses leuchtend bunte Gemüse. udn das schmeckt sogar.
Düngenittel und Pestizide sind viel zu teuer, als das die hiesigen Bäuerinnen sie auf den kleinen Feldern verstreuen könnten.
120918-buntes-gemuse-dsc02029 Das enge Miteinander bleibt friedlich. Trotz wildestem Verkehr und Gehupe bleiben alle friedlich gelassen, keiner regt sich auf.
Das Geschäft steht hier im Vordergrund.
Die nahen Festtage bringen nochmal einen Extra-Umsatz.
120918-alte-frau-dsc02039 Fast ausschliesslich Frauen sind es, die hinter dem “Tresen” stehen, und das Geld in der Hand haben.
Erinnert mich das ein bisschen an Kenya, die Reise zu Beginn des Jahres?
Irgendwie schon, und das wird ja auch seinen Sinn haben…

19.Sept – Udaipur

120919-lape-pichola-hotel-dsc02140 Hier in Udaipur ist Indien mal so richtig schön.
Die Stadtväter sorgen dafür das die störrischen Kühe grösstenteils draussen bleiben,
die Anwohner sorgen sich mehr um sauberen Strassen als anderswo in Indien
(sogar Papierkörbe sind hier aufgestellt) …
120919-am-tempel-dsc02116 ,… der See sorgt für immer weider freien Blick auf die umliegenden Berge…

der Palast der Maharajas bringt die Erinnerung an den unvergessenen Roger Moore (007) …

und der Tourist bleibt der umsorgte Geldbringer,
der aber zuweilen ganz schön Ruhe finden kann …

Die engen Strassen bringen ein Flair wie in meiner Kaiserstadt …,

120919-udaipur-kinder-sc02104 Kurz, alles zum Wohlfühlen,
einschliesslich des Prima-Klima
(30°, meist wolkenlos…)

120919-maharadja-palast-dsc02099

20.Sept. – Chaumukha-Mandir – Ranakpur

120920-ranakpur-tempel_1 Der “Tempel der vier Gesichter”,

und es ist nur der Haupttempel dieser phänomenalen Tempelanlage RANAKPUR,
rund 90 Km nordwestlich von Udaipur.

Zusammen mit dem Dilwara-Tempel in Mt.Abu sind sie die wichtigsten Zeugnisse der Jain-Kultur in Rajastan.

Aber der hier, der ist irgendwie ganz besonders.
Mitten im Wald, weitab von jedem indischen Dorf steht man urplötzlich vor dieser riesigen Anlage.

120920-ranakpur-tempel_detail Allein der Haupttempel ruht auf 1.440  Säulen.
Jede davon ist andersartig verziert, von oben bis unten,
keine gleicht einer anderen.

Eine heute unvorstellbare Aufgabe für die Handwerker,
die sich da um 1540 ins Steinzeug gelegt haben.

120920-ranakpur-tempel_mann Wie schön dass wir zu Fuss hierher gekommen sind. Von unserem Hotel waren es drei Kilometer, eine langsame, angemessene Näherung.

Wie blöd, dass wir erst spät zurück sind, in einem kleinen Guesthaus wunderbar indisch getafelt haben,
aber unser Hotelmanager uns schon suchen war.
Welcher Tourist läuft schon im Dunklen durch die Pampa,
ausser WIR!