2016 — Die Ural-Expedition

Zwei Jungs, ein Projekt.

Schön länger fasziniert mich dieser “magic place” mitten im Ural.

Man-pu-puner.

Ein Ansammlung von sieben steinernen Riesen mitten auf einem Hochplateau, auf ca. 1.700 Höhenmeter. Da müsste man doch mal gaaaanz dringend hinfahren.

Okay, hinfahren ist jetzt nicht ganz so gewöhnlich. Normalerweise fahren die Russen mit Schneemobilen oder Quads hin, und auch nur im Winter, über die zugefrorenen Seen.
Egal, wer nicht wagt, der …

Hier ist also die Geschichte von zwei Couch-Potatoes die sich aufmachen, es allen zu zeigen …

21.Juli – Filmshooting

Zunächst geht es für mich und meinen Mog ins angeblich grösste Automotive Testgelände der Welt, rund 160km nördlich von Moskau, nahe der Stadt Dimitrov.

Fedor moderiert eine Reportage für die russische Ausgabe der Autobild, und ein youtubeClip dringend dazu.

Thema AdBlue, denn dieser Mog ist sicher einer der ersten mit Euro VI-Norm. Fedor macht mir den Zusatztank voll.

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Der Unimog kann noch viiieeel steiler, bis 100% lt Werksangabe, aber für die wirklich steilen Teststrecken brauchen wir wieder eine Sondergenehmigung, und auch ein Sicherheits-Schleppfahrzeug, also reichen auch 40%. 160721-steilrampe-guenthersleben-steyr-12m18-allrad-offroad-4x4-dsc06886
Am nächsten Tag gehts in die Sandgrube für das russische Allrad Magazin “4×4 Club”, ganz ähnlich dem “Allradler”.

Iwan bringt nen eigenen Photographen mit, und er bringt Nadja aus der Stadt mit,
und die bringt mir mein repariertes Handy wieder mit.

Wunderbar.
Denn ohne Mobile und hier etwas organisieren wollen, null Chance.

Danke Nadja

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26.Juli – unterwegs zum Ural

aktueller Status:    ich bin auf dem Weg zum Ural,
heute 30Km östlich von Kirov, Ruhe- + Arbeitstag am Strand, bei 28°C fast wolkenlos.
Ich bin das einzige Wohnmobil hier, weil es in diesem Land praktisch keine gibt.
das Zweite kommt gleich, Freund Max mit seinem TGM, dann gehts raus aus Europa.

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Seit 14.00h sind wir vollzählig.

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27.Juli – Brücken-Er-Fahrung

Das das so nach unserem Strandleben so nicht weitergehen konnte war klar.
Wir sind ja zum Abenteuern hierher gekommen.
Und bevor wir Asphaltmüde werden, ja da muss es doch eine Abkürzung geben.
Tatsächlich ist in meinem Autoatlas eine kleine weisse Route eingezeichnet …

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Die ersten 22Km bis zu einem Dorf sind leicht, ne gute Schotterpiste ist ja immer erheblich besser als ne schlechte Asphaltdecke.
“Gekrönt” wird diese Etappe von einer sehr stylischen Holzbrücke.

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Kurze zu-Fuss-Begehung, und für GUT befunden.
Macht Spass….

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Allerdings wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht,
– dass wir zwei Tage später genau wieder an dieser Brücke stehen werden,
– dass wir für die nächsten 25Km genau diese zwei Tage benötigen werden,
– dass wir unsere gesamte Berge-Ausrüstung werden einsetzen müssen,

und das wir über Stunden nicht sicher sind, es überhaupt ohne fremde Hilfe schaffen zu können.

Aber erstmal halten wir an diesem verlassenen Dorf.
geniessen diese absolute Ruhe in der Natur …

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28. Juli – schwer …

Die Piste am nächsten Morgen ist keine,
sie ist lediglich ein zugewachsener Waldweg …
Aber zunächst gut Machbar.

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Es folgen mittellange bis lange Schlammlöcher in loser Folge …
aber mit viel Allrad, noch mehr Diff.Sperren und etwas Mut gehts weiter …

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Dann die erste Muskelarbeit…,
umgestürzte Bäume versperren den Weg,  Birken !

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Um möglichst Arbeitsunfälle zu vermeiden, haben wir alle Arten von Kettensägen gleich zu Hause gelassen.Was bleibt ist die Lieblingsmachete von Max aus uralten Tagen,
und eine Taschensäge.
Kein Problem, wir sind ja hier auf Urlaub, und nicht auf der Flucht …

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Geht doch, der Weg ist frei.
Demonstrariv steckt Max seine Lieblingsmachete mit einem kessen Hüftschwung zurück ins Halfter.
Er meint er habe soetwas schon mal in “Pirates of the Caribic” gesehen,
na denne ….

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28.Juli – schwerer …

Noch mehr Bäume sägen, noch heftigere Schlammpassagen….
Max will sich an dieser Engstelle am Baum vorbei mogeln, landet aber im Morrast.

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Die Machete ist wieder gefragt,

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Morast oder Sumpf ?
Kaum noch zu unterscheiden. Eindeutig ist allerdings, dass die Gegend hier immer nasser wird, Meter für Meter.
Unsere schweren Fahrzeuge verlassen die Spurrillen nur unwillig, und manchmal garnicht mehr. Der nagelneue Klapp-Spaten kommt zum Einsatz, es müssen Rampen gebaut werden, um auf festeres Terrain zu gelangen. Baumäste sollen auch helfen …

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Diesmal haben wir es wieder geschafft.
darauf gibt’s ein Stärkungs-Wassereis aus der Gefrierbox.

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Aber die Wirkung von Aufputschmitteln verfliegt erfahrungsgemäss schnell.
Spätestens an der nächsten Tiefschlamm-Stelle.
Alle Räder drehen langsam, stetig durch, der MAN rührt sich nicht. Aber der Mog steht mitten in einer Senke ohne Grip.
Wir binden ein zweites, elastisches Abschleppseil an das erste. damit der Mog jetzt von halbwegs festem Untergrund anschleppen kann, es hilft …

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Unsere Tagesbilanz bleibt erschreckend: 12Km in zwei Stunden, 50Km sollten wir schaffen, erst dann wären wir aus dem Wald heraus.
Für die letzten 800 Meter haben wir nochmal 2 Stunden gebraucht.
Der Dieselverbrauch steigt auf über 100 Liter/100Km. Davonhaben wir allerdings genug an Bord.

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28.Juli – nicht machbar …

Wir pflügen den Wald um.
Neuer Plan: ich mach mich auf den Fussweg. In drei Kilometern soll es einen Abzweig geben. Wir wollen wissen, ob wir ab da eine leichtere Chance haben.
Nach nur 700 Metern Erkundigung hab ich schon die Gewissheit: es wird schlechter, viel schlechter …
Unsere gemeinsame Entscheidung ist klar: wir geben auf !

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Das Wetter verschlelchtert sich. Starkregen setzt ein.
Jeder von uns beiden hatte wohl schon daran gedacht: wenn es hier jetzt regnet, dann gehen unsere Probleme erst richtig los.
Unsere frischen, sehr tiefen Spurrillen füllen sich schnell randvoll mit Wasser.
Wetter und Aussichten trüben sich ein.
Vor ein paar Stunden hat Max Abdrücke von Bärentatzen gefunden: sind wir im für uns falschen Revier unterwegs ?

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29.Juli – Rückweg, + fast das Ende

Der Regen hat sich gelegt, feuchte Luft.

Noch vor dem Frühstück höre ich Max durch den Wald rufen: „Ich wende dann mal…“.
Ich springe in meine Klamotten, auf dem schmalen Weg braucht er Hilfe. Rechts + links am Rand droht sofort der Sumpf des Waldbodens.

In einigen Zügen geht’s aber erstaunlich gut. Der MAN parkt jetzt in Rückzugsrichtung. Dann soll der Unimog auch noch herumgedreht werden, und das gelingt ebenso problemlos.

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Frohen Mutes gibt’s jetzt Frühstück, bei Max. Hat sich bewährt, das Abendessen gibts dann im Bliss 13ft, das hält die Kühlschränke übersichtlich.
Los gehts’s, wir sind ungeduldig, wollen sehen wie es weitergeht.
Max plädiert dafür noch weitere Luft aus seinen Reifen zu lassen. Weniger Luft bringt plattere Reifen, und die haben mehr Bodenauflage, können deswegen mehr Kraft in den Vortrieb bringen.
Aber ob jetzt 0,8bar nicht doch etwas wenig sind ? Mir kommen klare Zweifel.

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Wir starten vorsichtig und zunächst fluppt es sehr gut, wir machen Boden gut. Dann fehlt Max in meinem Rückspiegel. Ich stell den Mog aus, gehe zurück und sehe schon Max auf dem Waldweg stehen.

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Das sieht furchtbar aus: beide Reifen auf der Beifahrerseite haben wohl zuviel seitlichen Druck in einer Schlammrille bekommen, beide Reifen haben alle Luft verloren und sind platt. Beide Mäntel liegen nicht mehr an den Felgenhörner an, sie sind komplett unter der Last des LKW verbogen.

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Dazu hängt der MAN völlig schräg im Dreck. Also schleppen wir ihn zunächst sehr vorsichtig drei Meter nach vorne, die platten Pneus walken ganz furchtbar.

Als Hoffnungsschimmer erweisen sich drei frisch erstandene Hebekissen. von Max. Zwar ist die Füllgarnitur nur unvollständig, aber Not macht erfinderich…
Die Hebekissen müssen den 11to schweren LKW so anheben, dass die schadhaften Räder vollkommen entlastet und angehoben werden. Die ersten Versuche mobilisieren unsere Hoffnung. Es gelingt tatsächlich.

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Zuerst den hinteren, dann den Vorderradreifen. Damit die Reifen wieder gut abdichten müssen wir feste Schrubben, der halbe Waldsumpf klebt an den Felgen.

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Übrigens, eine Schwierigkeit sieht man den Bildern nur wenig an: hier wimmelt es von Mücken, Bremsen und gierigen Bienen. Wir hören auf die Stiche zu zählen, wehren nur noch gestenreich die Bedrohung ab, denn eine Chance ihr zu entkommen haben wir erst in ein knapp zwei Stunden.

Soviel brauchen wir für 7,5 Km raus aus diesem Wald. Dabei wollten wir 80Km schaffen, aber in die andere Richtung.
Mein Dieselverbrauch im Mog erhöht sich nochmal, jetzt auf stolze 120 Liter

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So stehen wir nach zwei Tagen wieder genau an derselben Stelle,
sind ungefähr 50 Km gefahren, und haben dafür rund 16 Stunden gearbeitet.
Aber unglücklich sind wir deswegen jetzt nicht ….

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31.Juli – Perm 36

So heisst ein Lager für Strafgefangene, weit weg von allen Verbindungen zur Aussenwelt. Ursprünglich wurde es angelegt, um die Gefangenen für die Holzwirtschaft einzusetzen.

Wir sind in der Nacht angekommen. Ein Security-Mann kommt raus um eine zu Rauchen. Klar können wir direkt vor dem Eingang campen, kein Problem.

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Nach Lösen der Eintrittskarte (625 Rubel, ca.7€/Person) übergibt man uns ein Handy, mit der deutschsprachigen App des Museumsführers.
So ist es leicht, sich in die Situation der damaligen Gefangenen zu versetzen.

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Es gibt auch einen reellen Eintrag zu diesem Lager in wiki,

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